Hauptfiguren des einfühlsam erzählten und außerordentlich gut gespielten Dramas 'Keine Zeit für Träume' sind jedoch die Eltern die Kindes, Kathrin und Roman Falk (Anneke Kim Sarnau, Harald Schrott). Zunächst halten sie die Symptome für Vorboten der beginnenden Pubertät; gerade Roman spricht von einer 'schwierigen Phase' und sieht die Schuld für Merles schlechte Noten eher bei der Schule. Eine Untersuchung ergibt jedoch zweifelsfrei, dass das Mädchen unter der Aufmerksamkeitsdefizit-Störung (ADS) leidet. Die Kinderpsychologin empfiehlt eine Kombination aus Therapie und Medikamenten. Die Eltern lehnen dies jedoch ab, sie wollen Merle selbst helfen, unterschätzen jedoch, welchen Raubbau sie damit an ihren Kräften treiben, zumal sie beide im gemeinsamen Bauingenieurbüro voll eingespannt sind. Prompt haben sie buchstäblich ein paar Baustellen zuviel; am Ende steht die komplette Familie vor dem Kollaps. Glaubwürdige Szenen Die Handlung sowie das Verhalten der beteiligten Personen sind jederzeit glaubwürdig, zumal 'Keine Zeit für Träume' kein ADS-Film ist. Das familiäre Gefüge ist zunächst vorbildlich und völlig intakt; das Drehbuch von Regine Bielefeldt nimmt die Störung zum Anlass, um zu beschreiben, was der Ausnahmezustand mit allen Beteiligten anstellt. Das Verhalten der Familienmitglieder ist jederzeit stichhaltig und nachvollziehbar: von der strikten Ablehnung der Psychopharmaka über das plötzliche auffällige Benehmen der vernachlässigten älteren Tochter bis hin zum Zusammenbruch und dem drohenden Zerwürfnis der Eltern. Damit man nachvollziehen kann, wie Merle ihre Umgebung wahrnimmt, verdeutlicht Regisseurin Christine Hartmann zunächst mit eingängigen Bildern, was im Kopf des Kindes vor sich geht: Als der Lehrer mit Merle spricht und dabei mit den Fingern auf den Tisch klopft, drängt sich diese Geste derart stark in den Vordergrund, dass das Mädchen seine Worte gar nicht mehr wahrnimmt. Fortan konzentriert sich der Film jedoch ausschließlich auf die handelnden Personen, zumal sich die meisten Szenen in der Wohnung der Familie abspielen. Entsprechende Bedeutung kommt der Besetzung des Films zu. Natürlich ist es keine Überraschung, dass Anneke Kim Sarnau und Harald Schrott die ganze Bandbreite der ehelichen Szenen überzeugend spielen, aber gerade die extremen Momente gegen Ende, wenn jedes Gespräch zwischen Roman und Kathrin in einen Streit mündet, bis sie sich schließlich nur noch entnervt anschreien, sind von erschütternder Glaubwürdigkeit. Das große Kapital des Films aber sind die beiden Mädchen. Die junge Greta Bohacek stößt nur ganz wenige Male, wenn Merle weint oder lacht, an ihre Grenzen; ansonsten verkörpert sie das Kind ganz großartig. Ähnlich eindrucksvoll ist die Leistung von Stella Kunkat als 14jährige Lea, die von den Eltern überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird und mit Rebellion auf sich aufmerksam macht. Die junge Berlinerin hat bereits 2008 in einem 'Tatort' aus Ludwigshafen ('Der glückliche Tod') an der Seite von Ulrike Folkerts zu Tränen gerührt und auch 2010 in dem Vater/Tochter-Drama 'Die Zeit der Kraniche' eine bemerkenswerte Leistung abgeliefert. Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und Nutzer, auf evangelisch.de freuen wir uns darüber, dass wir einen vielfältigen Meinungsaustausch in den Kommentaren pflegen. Bei uns kann jeder auch ohne das Anlegen eines Benutzerkontos kommentieren. Die Redaktion überprüft aber die Beiträge von Kommentatoren ohne Benutzerkonto vor der Veröffentlichung. Die Redaktion entscheidet, ob ein solcher Kommentar freigegeben wird. Wir behalten uns vor, Kommentare nicht zu veröffentlichen oder sie zu bearbeiten und einzelne Passagen zu entfernen. Wenn Ihr Kommentar nicht freigeschaltet wird, bekommen Sie KEINE Benachrichtigung. Wir lassen unter anderem folgende Inhalte nicht zu: Beleidigungen, nicht belegbare Behauptungen, Extremismus jeder Art, Propaganda, Verleumdungen, persönliche Angriffe, Drohungen, Diffamierung und Herabsetzung, Diskriminierungen (wegen Herkunft, Nationalität, Religion, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, etc), Hetze, Gewaltverherrlichungen, Pornographie und groben Unsinn. Gerade für fremden- und homosexuellenfeindliche Äußerungen gilt das auch, wenn sie nur angedeutet oder indirekt geäußert werden. TV-Kritik 'Keine Zeit für Träume': Drama um ein Kind mit ADS. Von Ulrich Feld Intensiv und sehr gut gespielt: Durch die Störung der Tochter kommt eine bürgerliche Familie bedenklich in Schieflage. Introvertiert und verträumt: Merle (Greta Bohacek, li.) kann sich selbst in Foto: Bild: MDR/Andreas Wünschirs. Keine Zeit für Träume: Sendetermine Streams DVDs Cast & Crew. ![]() Wir behalten uns vor, Kommentare auch wegen darin enthaltener Links nicht zu veröffentlichen. Bitte stellen Sie sich vor dem Absenden Ihres Kommentars die Frage, ob Sie ihren Beitrag auch lesen wollen würden, wenn ihn jemand anders geschrieben hätte. Bleiben Sie konstruktiv zum Thema und freundlich gegenüber ihren Mitmenschen! ![]() ![]()
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May 2019
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